Wie kann der Fachkräftemangel in den Kitas in Niedersachsen bewältigt werden? Ein Gipfel sollte jetzt Lösungen finden.
Von Jutta Rinas
Hannover. Niedersachsens Bildungsministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) hat Träger, Verbände und Organisationen der frühkindlichen Bildung auf einem niedersächsischen Kita-Gipfel auf härtere Zeiten eingeschworen. Wer sich mit dem Fachkräftemangel in den Kitas auseinandersetze, stoße nur auf unbequeme Wahrheiten, sagte sie in Hannover vor rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. So müssten Qualitätsstandards zwar gegeben sein, wenn man über frühkindliche Bildung und Kinderschutz rede. Man solle ihre Notwendigkeit nicht infrage stellen.
Gleichzeitig wüssten aber alle Beteiligten, dass Fachkräfte fehlten – und dass dieser Zustand noch über Jahre anhalten werde. Schon heute gebe es Kitas, die nicht einmal die zweite Fachkraft fänden: „Da reden wir noch gar nicht von einer dritten“, sagte Hamburg. Vor diesem Hintergrund werde es „Maßnahmen geben, die nicht unseren qualitativen Ansprüchen genügen“. Gleichzeitig müsse es aber Ziel sein, die Qualitätsstandards irgendwann zu erreichen.
Mit welchen Qualitätseinbußen sie leben könne, sagte die Ministerin nicht. Sie wolle gemeinsam und ergebnisoffen mit allen Beteiligten einen Weg durch die Kita-Krise suchen und ihn, wenn nötig, immer wieder korrigieren. Die CDU-Landtagsfraktion warf der Landesregierung daraufhin Ideenlosigkeit vor.
Wie weit die Positionen zwischen Kita-Verbänden und Vertretern der Kommunen bislang auseinanderliegen, hatte sich im Vorfeld gezeigt. So hatte ein Bündnis aus Kita-Verbänden, darunter der Paritätische Niedersachsen, die AWO Region Hannover und die Gewerkschaft Verdi, ein Positionspapier vorgelegt. Ausbildungskapazitäten sollten in Teilzeit deutlich erhöht und Quereinstiege erleichtert werden, heißt es darin. Ausdrücklich widersprechen die Autoren Forderungen, Gruppengrößen anzuheben und nicht pädagogisches Personal einzusetzen.
Die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens forderte genau das. Unnötige Standards sollten angepasst und Bürokratie abgebaut werden, sagte Landrat Sven Ambrosy, Präsident des Niedersächsischen Landkreistages. Vorschläge aus Positionspapieren freier Träger seien eher kontraproduktiv, sagte Marco Trips, Präsident des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes: Der Wunsch seitens der Träger und Fachverbände nach mehr Qualität sei „nachvollziehbar, aber angesichts des Arbeitskräftemangels schlicht nicht haltbar“.
Nach dem Kita-Gipfel gab es versöhnlichere Töne. Er dürfe kein einmaliges Event bleiben, sagte Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen. Man müsse den Blick auf die geeinten Punkte lenken und nicht auf die, bei denen keine Einigung erzielt sei. Konkret als Ideen benannt worden seien die Erhöhung der Ausbildungskapazitäten und die Erleichterung des Quereinstiegs, sagte Dominik Baier vom Paritätischen Niedersachsen. Das gelte es zügig umzusetzen. Marco Brunotte, Vorstandsvorsitzender des AWO-Bezirksverbands Hannover forderte, dass nach dem Kita-Gipfel zügig und pragmatisch gehandelt werden müsse: Die Zeit des Brainstormings sei vorbei. Es sei gut, dass der Kita-Gipfel einberufen worden sei, weil die Positionen der Beteiligten einander zuvor diametral entgegen gelegen hätten, sagte Frank Klingebiel, Präsident des Niedersächsischen Städtetages. Jetzt allerdings müssten Entscheidungen getroffen werden.
Wie zügig sie fallen werden, blieb am Ende offen. Schnelle Lösungen gebe es nicht, umso wichtiger sei es, jetzt Schritt für Schritt konsequent an der Situation zu arbeiten, sagte Bildungsministerin Hamburg zum Abschluss.
Quellenangabe: HAZ vom 26.05.2023, Seite 5