An der heute stattfindenden Kita Konferenz der Landeskirche Hannovers hat die niedersächsische Kultusministerin Julia Willie Hamburg teilgenommen und sich mit 80 betriebswirtschaftlichen und pädagogischen Leitungen der ev.-luth. Kitaverbände über die derzeitige Situation in den Kindertagesstätten ausgetauscht.
Anlass für das Gespräch war die im Oktober 2022 veröffentliche Kita-Umfrage unter 700 Kitas der Landeskirche Hannovers zur Arbeitssituation. „Die Ergebnisse war alarmierend und haben nichts an ihrer Brisanz verloren“, so Hans-Joachim Lenke, Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen.
75% der befragten Kitas haben unbesetzte Stellen. Das wiederum führt bei mehr als der Hälfte der Kitas zur tageweisen Schließung von Gruppen oder Verkürzung der Randzeiten. Knapp die Hälfte der befragten Kitas muss die Kernbetreuungszeiten kürzen.
„Diese Situation hat sich nun verschärft“, so Alke Eden, pädagogische Geschäftsführerin des Kita-Verbands Emden-Leer-Rhauderfehn. „Der Krankenstand hat sich erhöht, auch aufgrund der Mehrarbeitsbelastung, aber auch aufgrund der sich verschärfenden Konfliktsituationen mit den Eltern.“
„Wir verstehen den Unmut der Eltern, wenn Betreuungszeiten gekürzt werden müssen“, ergänzt Rita Wunderlich, betriebswirtschaftliche Geschäftsführerin des Kita-Verbands Bremervörde-Zeven. „Die Kürzungen bedeutet für sie Stress pur. Aber auch für unsere Mitarbeitenden ist die Situation belastend. Sie wissen, dass die Schließzeiten die Eltern in eine schwierige Situation bringen. Aber es gibt derzeit keine Alternative dafür“, so Wunderlich weiter. „Viele Kolleg*innen fühlen sich ohnmächtig, weil sie an der Situation nichts verändern können, und das belastet sie sehr“, führt Alke Enden weiter aus.
„Der Fachkräftemangel als branchenübergreifendes Problem macht auch nicht vor den Kindertagesstätten in Niedersachsen Halt“, betonte Kultusministerin Julia Willie Hamburg. „Daher freuen wir uns sehr über die Möglichkeit eines offenen und konstruktiven Austauschs, um die Herausforderungen gemeinsam zu lösen. Die Landesregierung arbeitet mit Hochdruck daran, die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern und das Personal zu entlasten, beispielsweise mit der Weiterentwicklung des Niedersachsenplans zur Fachkräftegewinnung und die über den Nachtragshaushalt angestrebte Verlängerung der ‚Richtlinie Qualität‘ in Kitas, mit der zusätzliche Kräfte mobilisiert werden. Zudem startet ab August die bezahlte Ausbildung von Ergänzungskräften in Teilzeit. Auch hierüber werden sich Entlastungspotenziale ergeben.“
Die derzeitige Lage in den Kitas kann nur mit pragmatischen und innovativen Strategien gelöst werden. Die Diakonie in Niedersachsen plädiert weiterhin für hohe Qualitätsstandards, jedoch muss das System dringend entlastet werden. „Kitas sind in erster Linie Bildungseinrichtungen. Es werden jedoch auch Betreuungsleistungen erbracht. Beide Arbeitsfelder müssen bedient werden, jedoch nicht zwangsläufig von pädagogischen Fachkräften. Über die Neustrukturierung des Arbeitsfeldes möchten wir gemeinsam weiterdenken“, stellt Hans-Joachim Lenke fest.
Die Diakonie in Niedersachsen schlägt deshalb vor, Menschen, die eine pädagogische Grundausbildung haben bzw. diese in kurzer Zeit erlangen können, als Betreuungs- und Assistenzpersonal einzusetzen. Dies kann den nötigen Freiraum für die pädagogischen Fachkräfte schaffen, ihrer Bildungsarbeit nachzukommen.
„Wir würden sehr gerne an dieser Idee mit der Ministerin weiterarbeiten. Wir glauben, dass nur gemeinsame Lösungen von Praktiker*innen, Ministerium, kommunalen und freien Trägern und Wissenschaft wirklich erfolgreich sein werden. Wir können uns sehr gut vorstellen, Ideen in einer interdisziplinären Allianz zu diskutiert und zukunftsfähige Vorschläge zu erarbeiten“, schlägt Hans-Joachim Lenke vor. „Die Mitarbeitenden und vor allem die Kinder und deren Eltern benötigen dringend ein positives Signal und eine klare und verlässliche Zukunftsperspektive.“
Diakonie in Niedersachsen